Seit 2005 wird am zweiten Samstag im Oktober der Welt-Hospiztag begangen. Mit diesem Tag soll auf die Themen „Sterben und Tod“ aufmerksam gemacht und versucht werden, sie noch mehr in die Öffentlichkeit zu tragen. Der Hospizverein im Pfaffenwinkel ist dazu am kommenden Samstag, 10. Oktober, von 9 bis 13 Uhr auf dem Marienplatz in Weilheim und auf dem Marienplatz in Schongau mit Infoständen vertreten. Hauptamtliche Koordinatorinnen und ehrenamtliche Hospizbegleiter werden dort unter dem Motto „Solidarität – bis zuletzt“ interessierte Besucher über die ambulante und stationäre Hospizarbeit im Pfaffenwinkel informieren. Als weitere Aktionen zum Welt-Hospiztag sind „Letzte Hilfe“-Kurse in Penzberg am Freitag, 30. Oktober, in Starnberg am 12. November und in Weilheim am 26. November geplant.
Am Welt-Hospiztag soll aber auch auf die schwierige Situation pflegender Angehöriger hingewiesen werden und nicht zuletzt auf das Engagement so vieler ehrenamtlicher Menschen, die für diese Aufgabe Zeit und vor allem Herz schenken. Die gesamte Hospizarbeit ist aus einer bürgerschaftlichen Bewegung entstanden und auch heute noch ist das Ehrenamt die tragende Säule der Hospizarbeit.
In den letzten Jahren hat sich der Hospizgedanke und das Wissen um Palliative Care immer mehr verbreitet. Dennoch gibt es in der Auseinandersetzung mit Sterben und Tod noch viel zu tun, und auch in diesem Bereich gilt es immer wieder, sich mit neuen Herausforderungen und Fragestellungen auseinanderzusetzen. An dieser Stelle sei auf die vielseitigen Probleme rund um Corona oder auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Bezug auf den §217 StGB (geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung) verwiesen.
Nach ihrem Wunsch-Sterbeort gefragt, geben die meisten Menschen an, zu Hause sterben zu wollen. Allerdings zeigen Statistiken, dass die Realität anders aussieht, dass nämlich die meisten Menschen in Deutschland in Institutionen sterben, gut die Hälfte in Krankenhäusern, fast 40 Prozent in Pflegeheimen. Im zeitlichen Trend kann eine deutliche Sterbeortverlagerung weg vom häuslichen Umfeld sowie Krankenhaus hin zu Alten- oder Pflegeheimen, aber auch zu Palliativstationen beobachtet werden. Eine Aufnahme in einem Hospiz ist nur unter bestimmten medizinischen Kriterien und mit ärztlicher Bescheinigung möglich. Nur ein sehr kleiner Prozentsatz, nämlich drei Prozent, verstirbt in einem Hospiz.
Andererseits ist es aber durchaus so, dass die meisten Pflegebedürftigen von ihren Angehörigen gepflegt werden. Die Mär der leichtfertigen Angehörigen, die ihre pflegebedürftigen Angehörigen heutzutage gedankenlos in ein Heim „abschieben“, entspricht nicht den Tatsachen. Im Jahr 2017 wurden von den 3,4 Millionen Pflegebedürftigen 76 Prozent zu Hause versorgt, nur 24 Prozent in einem Pflegeheim. Dies wird in der Öffentlichkeit häufig gar nicht in dieser Größenordnung wahrgenommen.
Wie kommt es aber, dass die meisten Menschen dann doch in einer eigentlich gar nicht gewünschten Einrichtung versterben? Meines Erachtens zeigen sich hier zwei Faktoren: zum einen spiegelt sich hier die in der Gesellschaft verbreitete Unsicherheit dem Thema „Sterben und Tod“. Einen Angehörigen zu Hause sterben zu lassen, erfüllt viele pflegende Angehörige mit Zweifeln und Ängsten. Hinzu kommt aber auch, dass eine häusliche Pflegesituation alles andere als einfach ist und dass, wer eine solche noch nicht schon selbst miterlebt hat, sich das Ausmaß der erlebten Belastungen kaum vorzustellen vermag. Pflegende Angehörige sind dergleichen in vielerlei Hinsicht ausgesetzt. Nicht allein die körperliche und psychische Anstrengung macht ihnen zu schaffen. Untersuchen zeigen, dass vor allem das ständige Angebundensein den größten Belastungsfaktor darstellt.
Je nach Rahmenbedingungen und persönlichen Faktoren ist möglicherweise irgendwann der Punkt erreicht, an dem die Pflege zu Hause nicht mehr zu bewerkstelligen ist. Eine Verlegung in ein Pflegeheim oder ein Krankenhaus ist dann der richtige und verantwortungsbewusste Schritt. Manchmal aber braucht es, um diesen Punkt zu erkennen und sich von den eigenen Verantwortungs- und Schuldgefühlen zu distanzieren, Hilfe von außen.
Anliegen des Hospizvereins ist es, bei all diesen Fragen und Problemen beratend, unterstützend und entlastend tätig zu sein, Ängste und Zweifel zu thematisieren und bestenfalls zu nehmen. Die hauptamtlichen Koordinator/-innen lernen in einem Erstbesuch den Betroffenen und möglichst auch seine Angehörigen kennen und machen sich ein Bild von der Situation. Gemeinsam kann überlegt werden, welche weiteren Hilfs- und Unterstützungsmöglichkeiten sinnvoll sein könnten.
Durch das Engagement der ca. 160 im Hospizverein Pfaffenwinkel tätigen ehrenamtlichen Hospizbegleiter/-innen besteht beispielsweise die Möglichkeit, pflegenden Angehörigen stundenweise Entlastung in Form von „Auszeiten“ zu verschaffen. Diese können für Angehörige sehr wohltuend sein und helfen, Ressourcen zu erhalten und Kräfte zu schonen. Für den kranken Menschen kann es paradoxerweise hilfreich sein, mit Außenstehenden über eigene Sorgen und Ängste zu reden, da die eigenen Angehörigen häufig nicht belastet werden sollen.
Der Hospizverein begleitet Menschen aber auch im Pflegeheim oder Krankenhaus. Vor dem Hintergrund, dass die wenigsten Menschen ihr Lebensende an diesen Orten verbringen wollen, gilt es umso mehr, in guter Zusammenarbeit mit diesen Institutionen hier tätig zu werden. Bilder und Berichte von überforderten und gestressten Pflegekräften, von denen niemand Zeit hat, spuken durch die Köpfe. Die Rahmenbedingungen, nicht nur vor dem Hintergrund steigender Zahlen hochaltriger und pflegebedürftiger Menschen zu verbessern, sollte höchste gesellschaftliche und politische Aufgabe sein. Durch den Einsatz eines Hospizbegleiters kann dies im Kleinen begonnen werden. Der Hospizverein hat mit den meisten Einrichtungen in seinem Einzugsgebiet Kooperationsvereinbarungen. Gerade in Anbetracht der Tatsache, dass die große Mehrheit der Menschen in Institutionen ihren Lebensweg beenden, ist es dem Hospizverein ein besonderes Anliegen, gerade auch in diesem Bereich präsent und aktiv zu sein.
Britta Patzke
Stellvertretende Leitende Koordinatorin
Hospizverein im Pfaffenwinkel